Der Internationale Frauentag (oder auch Weltfrauentag/Frauenkampftag) entstand bereits in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Clara Zetkin (eine sozialistische deutsche Politikerin) regte den Tag auf einem Frauenkongress 1910 in Kopenhagen an. Ein Jahr später fand er dann zum ersten Mal am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt. Inzwischen wird der Tag also seit über 100 Jahren aktiv begangen. Die Idee dazu kam aus Amerika. Dort hatten Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas (SPA) 1908 ein Nationales Frauenkomitee gegründet. Dieses Komitee beschloss, einen besonderen nationalen Kampftag für das Frauenstimmrecht zu initiieren.
Die Themen rund um das Stichwort Gleichberechtigung und Diskriminierung von Frauen sind auch heute noch sehr aktuell. Sicher habt auch ihr einige Themen mitbekommen und verfolgt. Die #EhefürAlle, die #MeToo und #TimesUp-Bewegungen im Netz, Frauen die in Saudi Arabien seit 2017 auch endlich Auto fahren dürfen, der #GenderPayGap in Island – all das sind Beispiele, dass sich eine Menge tut. Aber eben auch, dass das Ziel noch lange nicht erreicht ist. Wir möchten euch heute daher etwas mehr zum Internationalen Frauentag erzählen.
Hintergrund
Der Frauentag sollte ein Zeichen im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation von Arbeiterinnen setzen. Es ging also um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen und um die gleichberechtigte Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen. Seit dem Jahr 1921 findet er jährlich am 8. März statt. Auch wenn die Zielsetzung des Wahlrechts für Frauen inzwischen erreicht wurde, so ist die Gleichstellung der Geschlechter dennoch weder in Deutschland noch im Rest der Welt eine Realität. Der Internationale Frauentag hat seine Wichtigkeit daher nicht verloren. Frauen auf der ganzen Welt machen mit Veranstaltungen, Feiern und Demonstrationen auf noch immer nicht verwirklichte Frauenrechte aufmerksam.
(Anmerkung: In Deutschland wurde das Frauenwahlrecht 1918 eingeführt, in der Schweiz zum Beispiel erst 1971. Und auch noch heute gibt es Länder, in denen das Frauenwahlrecht erschwert oder vorenthalten wird: dazu gehören Bhutan, Brunei und Saudi-Arabien.)
Die Vereinten Nationen und der 8. März
Den internationalen Charakter des Weltfrauentages unterstützt auch die Tatsache, dass die Vereinten Nationen an die Tradition angeknüpft haben. 1977 rief die UN-Generalversammlung einen Tag im Jahr zum „Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ aus. In jedem Jahr wird ein besonderes Schwerpunktthema behandelt. Von den 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen haben 143 die Gleichstellung beider Geschlechter in ihre Verfassung aufgenommen. In den verbleibenden 50 UN-Ländern ist sie bis heute noch nicht verfassungsrechtlich garantiert. Und selbst in Ländern mit staatlicher Gleichstellungspolitik gibt es nach wie vor Benachteiligungen und Ungleichbehandlungen. Dies wurde erst kürzlich wieder in einer Studie der Organisation UN Women 2018 aufgezeigt.
Heutige Ziele
Nachdem das Wahlrecht für Frauen durchgesetzt wurde, rückten andere Ungleichbehandlungen in den Mittelpunkt des Tages. Themen waren zum Beispiel Arbeitsschutzgesetze, gleicher Anspruch auf Bildung, legaler Schwangerschaftsabbruch und viele mehr.
Am Internationalen Frauentag soll bis heute daran erinnert werden, dass Frauen noch immer diskriminiert und unterdrückt werden. In vielen Lebensbereichen sind sie den Männern eben nicht gleichgestellt. Zum Beispiel verdienen Sie weniger und nehmen auch seltener eine Führungsposition ein. Gerade im Bereich Politik und Wirtschaft sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Nicht zuletzt soll der Frauentag auch darauf aufmerksam machen, dass Frauen Opfer von Gewalt und Sexismus sind.
Gleichstellung im Grundgesetz
In Artikel 3, Absatz 2 heißt es: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Seit 1994 ist der Gleichberechtigungsartikel im Grundgesetz ergänzt worden: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Eine aktive Gleichstellungspolitik ist seitdem also Verfassungsauftrag.
Doch auch wenn in Deutschland die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Grundgesetz verankert ist, sieht die Lebenswirklichkeit trotzdem oft anders aus.
Kritik
In Deutschland und weiteren westlichen Industrieländern gibt es immer mehr weibliche Stimmen, die die Bedeutung des Tages kritisch hinterfragen. Sie sehen die Rechte der Frauen inzwischen so weit gestärkt, dass sie die Sorge haben, dass noch bestehende Probleme (wie z.B. die Lohnunterschiede) von deutlich wichtigeren Fragen ablenken. Gemeint sind dabei die großen Zukunftsfragen der Welt wie der Klimawandel, Ernährungs- und Friedenssicherung. Dem gegenüber stehen aber Stimmen, die Frauenrechte nicht als nationale Rechte sehen, sondern sie zu den allgemeinen Menschenrechten zählen. Somit müsse global gedacht und agiert werden. Nach wie vor gibt es Länder, zum Beispiel Indien, in denen erst langsam eine Frauenbewegung entsteht und für die die westliche Emanzipation ein wichtiges Vorbild sei.
Ein Feiertag für Frauen
In vielen Ländern ist der 8. März ein gesetzlicher Feiertag – darunter einige Staaten Afrikas, aber auch Russland, Ukraine, Vietnam und die Mongolei.
In Berlin ist der Frauentag mit Wirkung vom 7. Februar 2019 in diesem Jahr erstmals ebenfalls ein gesetzlicher Feiertag! In allen Bundesländern in Deutschland jedoch (noch) nicht. Viele Städte veranstalten an diesem Tag aber Kulturprogramme mit Musik und politischen Diskussionen.
2019 feiert die Welt den Internationalen Frauentag zum 108. Mal. Von damals bis heute ist viel passiert. Wir dürfen gespannt sein, wie sich das Thema Frauenrechte und der Rest der Welt in den nächsten hundert Jahren weiterentwickelt.
Veranstaltungen in Münster
Von Februar bis Mai gibt es in Münster mit fast 60 Terminen so viele Veranstaltungen wie noch nie. Hier findet ihr den Veranstaltungskalender. Er liegt aber auch in der Münster-Information, beim Frauenbüro, in der Stadtbücherei und an vielen weiteren Stellen aus.
Habt ihr Lust mehr zu dem Thema zu erfahren? Dann schaut mal auf folgenden Seiten:
- Vereinte Nationen: International Women´s Day (engl.)
- UN Women (Einheit für Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen, United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women): http://www.unwomen.org/en
- Bericht der UN Women: Den Versprechen Taten folgen lassen: Gleichstellung der Geschlechter in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.
- Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Infoblatt zum 100-jährigen Internationalen Frauentag
- Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Wie der Gleichstellungsartikel ins Grundgesetz kam – die Mütter des Grundgesetzes
- Informationsportal zur politischen Bildung: Der Onlinekatalog zum Internationalen Frauentag
Der Sozialverband Deutschland fasst die Hintergründe und Ziele des Internationalen Frauentages hier noch einmal gut zusammen: